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Beitrag von: Roberto Casavecchia Fotograf und Workshopleiter für Digital Imaging & Fine Art Printing |
Mein Erfahrungsbericht mit der Canon EOS R5 und den zwei exzellenten RF Objektiven 24-70 mm f2.8L IS USM und 70-200 mm f2.8L IS USM zeigt, dass Canon seine Hausaufgaben in Sachen "spiegellose Kleinbildamera mit Vollformatsensor" jetzt wirklich mit Bravour gelöst hat.
Die Canon EOS R5 ist in jeder Hinsicht eine Hochleistungskamera. Sie zeigt keinerlei Schwächen, aber viele Stärken. Vor allem ist es eine Kamera für alle fotografischen Anwendungen mit hohen Ansprüchen. Vielleicht könnte man so die Canon EOS R5 treffend beschreiben: «Die erste Zehnkämpfer-Kamera, die es mit jedem Spezialisten aufnimmt.»
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Hochauflösende Kleinbildkameras, selbst wenn diese einen Vollformatsensor aufweisen, sind nicht ganz einfach zu realisieren. Bis zu 30 Megapixel geht das ganz gut, ab 40 MP und darüber wird die ganze Sache aber sehr komplex. Da ist zunächst der Pixel Pitch von 5 bis 6 µm, wo die Auflösungsgrenze von sehr vielen Objektiven erreicht wird und bei einem Vollformatsensor wären es etwas mehr als 30 MP. Sony hat gezeigt, dass bei der a7R II mit 42 MP und einem Pixel Pitch von 4.5 µm und einigem Aufwand auch eine sehr gute Bildqualität möglich ist. Man darf das Ganze aber nicht überstrapazieren, denn die Sony a7R IV mit über 60 MP hat sehr schnell gezeigt wo die Grenzen liegen.
Canon hat mit den DSLR-Kameras 5DS und 5DS R bereits zwei hochauflösende Modelle mit über 50 MP auf den Markt gebracht. Leider waren die Ergebnisse nicht ganz wie erhofft, wobei der Sensor und viele EF-Objektive diese hohe Auflösung nicht richtig meistern konnten. Mit der EOS R5 und den neuen, professionellen RF Objektiven sollten die 45 Megapixel auch hohe Anforderungen erfüllen können.
OLED Sucher mit Superauflösung
Fokus-Peaking erleichtert die manuelle Scharfstellung und ist im Sucher wie auf dem Kameradisplay aktivierbar.
Canon Fotografen werden sich mit der EOS R5 sofort anfreunden. Alle Bedienelemente sind am richtigen Ort und die Bedienung sowie die Menüführung geben keine Rätsel auf. Auffallend ist die sehr hohe Verarbeitungsqualität mit hochwertigen Materialien. Wenn man die Kamera zum ersten Mal in die Hände nimmt dann merkt man sofort, dass es sich um eine bis ins letzte Detail entwickelte Kamera handelt. Wenn man die Kamera einschaltet und durch den Sucher schaut, hat man das Gefühl durch einen extrem hellen und hochwertigen Reflexsucher zu schauen. Die Wiedergabe ist einfach umwerfend und absolut ruhig und stabil. Von der hohen Sucherauflösung mit 5.7 Millionen Bildpunkten profitiert auch die manuelle Scharfstellung, unterstützt durch das Fokus Peaking, wo scharfe Bereiche mit einer wählbaren Farbe überlagert werden. Kein Wunder bei einer Refresh Rate von 120 B/s. Um etwas Batterie zu sparen kann man den Sucher auch auf 60 B/s einstellen, was immer noch ein sehr guter Wert ist.
Mit eingebautem Bildstabilisator und Autofokus vom Feinsten
Die Canon EOS R5 verfügt, gegenüber den Vorgängern EOS R und EOS RP, über einen eingebauten Bildstabilisator. Canon verspricht bis zu 8 Blendenstufen, in Kombination mit Objektiven die auch über einen Bildstabilisator verfügen. Auf alle Fälle konnte ich mit dem RF 70-200 mm f2.8L IS USM bei 200 mm Brennweite problemlos eine Verschlusszeit von 1/25 Sekunde von Hand halten. Das ist schon sehr bemerkenswert. Obwohl ich mit der Canon EOS R5 hauptsächlich statische Motive aufgenommen habe, fällt einem sofort auf, wie reaktionsschnell und zuverlässig der Autofokus arbeitet. Der Autofokus arbeitet dermassen geräuschlos, dass man nur im Sucher die Scharfstellung wahrnimmt. Mit 8K-Video und der Möglichkeit bewegte RAW-Bilder zu machen ist die Canon EOS R5, dank hoher Qualität bei 8K30 und 4K120 mit Mikrofonein- und Kopfhörerausgang und den vielen Einstellmöglichkeiten wie Tonwertkurven, Timecode, Fokuspeaking, Zebra und dem sehr guten Bildstabilisator, auch für Profi-Filmer geeignet.
Der Bildstabilisator der EOS R5 in Kombination mit dem Stabilisator des RF 70-200 mm f2.8L IS USM funktionieren sehr gut. Das beweist auch dieses Beispiel fotografiert aus freier Hand mit ISO 100, Brennweite 200 mm bei Blende f8 und 1/25 Sekunde.
Stativ nicht mehr nötig?
Durch den eingebauten Bildstabilisator und den RF Objektiven, die ebenfalls einen integrierten Bildstabilisator aufweisen, kann man sich schon fragen, ob ein Stativ überhaupt noch nötig ist. Vor allem dann, wenn die Kamera auch bei sehr hohen ISO-Werten immer noch ausgezeichnete Ergebnisse zeitigt. Vielleicht bei den ganz langen Brennweiten kann ein Einbeinstativ nützlich sein, oder machen Sie es wie ich: wenn Sie Rechtshänder sind, stützen Sie die Hand des linken Arms auf den rechten Unterarm ab und legen das Objektiv auf den waagrechten Bereich des Arms ab. So ruht die ganze Aufnahmeeinheit stabil, wie auf einem Einbeinstativ.
So werden Ihre Arme zu einem stabilen Kamerastativ.
An praktischen Beispielen habe ich die Bildschärfe (Zentrum & Ränder), Bildfeldwölbung, chromatischen Aberrationen und Verzeichnung geprüft. Bei einer so hohen Auflösung ist es auch interessant das Rauschverhalten bei unterschiedlich hohen ISO-Einstellungen zu analysieren. Das Testbild wurde mit ISO 200, bei Offenblende f2.8 und bei Blende f8 aufgenommen. Blende f8 kann man als «ideale Blende» bezeichnen, wenn es darum geht über die gesamte Bildfläche eine homogene Schärfe zu erreichen. Eigentlich wäre f5.6 noch besser, aber gerade bei der 24 mm Brennweite sind die Bildränder oft nicht optimal. Stärker als Blende f8 sollte man ohnehin nicht abblenden, da die Beugungsunschärfe ab Blende f9 in Erscheinung tritt und die Brillanz merklich abnimmt.
RF 24-70 mm f2.8L IS USM
Auch beim RF 24-70 mm f2.8L IS USM hat sich gezeigt, dass es alles andere als einfach ist eine Hochleistungsoptik zu konstruieren, die vom ausgeprägten Weitwinkel bis zum kurzen Tele geht. Die Schärfeleistung kann in einem weiten Bildbereich von der Mitte bis zu den 3/4 Rändern als sehr gut bezeichnet werden. Einzig die Ecken sind sowohl bei der Anfangs- wie auch bei der Endbrennweite, auch abgeblendet, etwas weniger scharf. Dies führt zum Schluss, dass eine gewisse Bildfeldwölbung vorhanden ist. Auch bei der Endbrennweite 70 mm sind die Bildecken weniger scharf. Chromatische Aberrationen sind relativ gering und auch die Verzeichnungswerte sind moderat.
Das Profi-Standardzoom Canon RF 24-70 mm f2.8L IS USM
RF 70-200 mm f2.8L IS USM
Bei diesem Objektiv gibt es nicht viel zu meckern, im Gegenteil. Es wäre schon Haarspalterei wenn man an dieser Hochleistungsoptik etwas kritisieren wollte. Die Ergebnisse sind einfach ausgezeichnet, sowohl bei der Anfangs- wie auch Endbrennweite. Die Schärfe ist bereits bei Offenblende in der Bildmitte ausgezeichnet und selbst in den Ecken sehr gut. Schon bei Blende f4 ist das Maximum erreicht und weiter Abblenden muss man nur für eine grössere Schärfentiefe. Chromatische Aberrationen sind praktisch inexistent und das schöne Bokeh kann sich wirklich sehen lassen. Fazit – ein Topobjektiv.
Das Canon RF 70-200 mm f2.8L IS USM überzeugt auf der ganzen Linie mit absoluten Top-Ergebnissen.
Exzellente Ergebnisse beim Rauschverhalten der Canon EOS R5
Die Canon EOS R5 überzeugt mit einem exzellenten Rauschverhalten. Bis ISO 800 ist praktisch kein Bildrauschen feststellbar. ISO 3200 sieht sehr gut aus und bei ISO 6400 sind immer noch sehr feine Details sichtbar und in homogenen Flächen ist das Farbrauschen fast nicht sichtbar. Selbst ISO 12800 ist absolut brauchbar, auch wenn hier feinste Details nicht mehr ganz klar ausgemacht werden können.
Bei ISO 200 ist faktisch kein Bildrauschen sichtbar und sogar bei ISO 800 hat man Mühe irgendwelches Bildrauschen ausfindig zu machen.
Absolut erstaunlich für eine Kleinbild Vollformatkamera mit 45 Megapixel, dass selbst ISO 6400 noch so gut ausschaut.
Obwohl die Canon EOS R5 keinen BSI-CMOS Sensor hat, verfügt sie über einen sehr grossen Dynamikumfang von fast 15 EV (Blendenstufen). Das ist enorm viel und man kann das Ganze sogar noch etwas steigern, wenn man zwei oder drei unterschiedlich konvertierte Bilder der gleichen RAW-Datei kombiniert.
Mit «Pseudo-HDR» den Dynamikumfang zusätzlich erweitern
Bei ganz schwierigen Lichtverhältnissen, wie etwa bei Gegenlichtaufnahmen, ist der Belichtungsumfang so gross, dass er nicht mit einer einzigen Aufnahme abgedeckt werden kann. Mit «HDR» (High Dynamic Range) werden 3 oder 5 Aufnahmen zu einer Aufnahme mit erweitertem Dynamikumfang kombiniert. Das Ganze funktioniert aber eigentlich nur bei sich nicht bewegenden Objekten und das Resultat sieht meistens ziemlich unwirklich aus. Viel realistischer und praktischer ist es nur eine Aufnahme zu verwenden und diese mit unterschiedlichen Belichtungseinstellungen im RAW-Konverter umzuwandeln und anschliessend in Photoshop mittels einer Luminanzmaskierung zu kombinieren.
Zwei unterschiedlich konvertierte Bilder der gleichen RAW-Datei kombiniert mit Hilfe einer Luminanzauswahl in Photoshop.
Man kann die ganze Sache drehen wie man will – 45 Megapixel sind wirklich am Limit, wenn nicht schon darüber, was ein Kleinbild Vollformatsensor packen kann. Die Pixeldichte von 4.38 µm stellt eine Riesenhürde dar, selbst für absolute Hochleistungsobjektive. Vor allem im Weitwinkelbereich wo die Strahlen z.T. sehr schräg auf den Sensor fallen ist eine saubere und differenzierte Abbildung schon fast nicht mehr möglich. Es fehlt einfach irgendwie der letzte Biss für eine saubere Bilddefinition. Das liegt aber in der Natur der Sache und hat nichts mit der Canon EOS R5 zu tun. Wenn Sie aber bereit sind ein paar Megapixel zu opfern, lässt sich die Bildqualität merklich verbessern.
Downsizing ergibt (fast) einen Mittelformat-Look
Man verliert gar nicht soviel an Bildgrösse: bei 45 Megapixel sind es ca. 69 cm in der Breite und bei 30 Megapixel immer noch gute 57 cm. Was gewinnt man? Die Farben werden sauberer und klarer wiedergegeben, durch die differenziertere Wiedergabe wirkt das Bild schärfer und dreidimensionaler – fast wie beim digitalen Mittelformat. Aber auch das Bildrauschen und andere Bildartefakte werden reduziert und man kann so auch mit höheren ISO-Werten arbeiten.
Klicken Sie auf das Bild, um es zu vergrössern. Die beiden Dateien sind mit Gamma 2.0 aufgehellt worden. Deutlich sichtbar ist, wie Bildartefakte wie chrom. Aberrationen und violette Farbsäume bei 30 MP weniger sichtbar sind.